Aufgrund der über 1000-jährigen Geschichte Ungarns gibt es natürlich jede Menge Mythen und Legenden. Eine davon handelt von dem sagenumworbenen Turul-Vogel, einer Mischung aus Adler und Falke.
Er findet sich schon in sehr alten ungarischen Geschichtsbüchern und seine Entstehung ist bis heute ungeklärt. Ein Mythos besagt, dass der Turul im Jahr 819 Emese, der Frau eines Nachfahren von Attila dem Hunnenkönig, im Schlaf schwängerte und ihr dann prophezeite, sie werde einen Sohn gebären, der ein Geschlecht von Königen hervorbringen werde. Das Kind soll dann in einem kristallklaren Fluss geboren worden sein – angeblich die (nach einem weiteren Mythos: blaue) Donau. Die andere Sage hat zum Inhalt, dass die Ungarn auf der Suche nach einem Lebensort von Falken angegriffen wurden, die der Turul wegscheuchte. Daraufhin befahl der Vogel den Geretteten, ihm solange zu folgen, bis sie ihn nicht mehr sehen könnten. So erreichten und besiedelten die Magyaren angeblich das heutige Ungarn.
Egal was von alledem nun wahr oder reine Phantasie ist. Fakt ist, dass man den Turul schon im frühen Mittelalter auf Wappen und Bildern finden kann. Er symbolisierte die Stärke Ungarns und die Abenteuer, die die ersten Ungarn bei der Landnahme bestanden haben. Sein Mythos geriet jedoch nach und nach in Vergessenheit. Erst Ende des 19. Jahrhundert wurde der Turul sozusagen „wiederentdeckt“, im ganzen Land wurden Statuen errichtet. Zu Zeiten der sowjetischen Besatzung versuchte man zwar, solche geschichtlichen Mythen zu unterdrücken, aber da war er schon zu symbolhaft mit der ungarischen Geschichte verwoben. Er steht heute für die Anfänge der ungarischen Nation, denn er hat ihnen großartige Könige geschenkt und den Weg gezeigt.
Bei Tatabánya, wo der Turul wie so oft als Wappentier dient, findet sich die größte Statue mit dem sagenumworbenen Tier, die Spannweite seiner Flügel beträgt 15 Meter. In Budapest ist er z.B. auf der Freiheitsbrücke oder am Burgpalast zu finden.
Wenn man durch Ungarn reist, kann man ja auch mal gezielt nach einem Turul Ausschau halten. Ob als Wappentier, mit oder ohne Krone bzw. Schwert, man wird ihn sicherlich oft finden.
von Stefan Höhm (sh)