Über den Ausgang der Bundestagswahl wurde und wird nicht nur in Deutschland viel diskutiert, auch international schlug das Ergebnis hohe Wellen. Wir haben im Rauschen des Blätter- und Onlinewaldes einmal nach Statements ungarischer Politiker gesucht.
Und nicht viel gefunden! Auf der Facebookseite des ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orbán, der seit Sonntag auf Staatsbesuch in Vietnam ist, findet sich seit Sonntagabend (deutscher Zeit) ein kurzes „Budapest gratulál // Budapest gratuliert!“, was von deutschen Kommentatoren teilweise als zynisch empfunden wurde. Am Montagvormittag veröffentlichte die Ungarische Botschaft in Berlin einen Brief von Orbán an die deutsche Kanzlerin Merkel, in dem er ihr „zum erreichten ersten Platz sowie dem eindeutigen Wählerauftrag zur Regierungsbildung“ gratulierte. „Dieses Ergebnis“, so Orbán, „beweist klar, dass die europäischen Bürger für eine Politik auf konservativer Basis stehen, die für sie Sicherheit und wirtschaftliche Stabilität garantiert“.
Ministerpräsident Orbán hatte sich bereits am Freitag vor der Bundestagswahl dahingehend geäußert, dass man „jeden Abend ein stilles Gebet dafür sprechen sollte, dass das Mandat der amtierenden Kanzlerin verlängert wird“. Diese Stellungnahme kam für viele überraschend, gab es zwischen Orbán und Merkel wegen der Migrationskrise doch immer wieder Reibungspunkte. Ganz überraschend war dieser Kommentar von Orbán jedoch insofern nicht, wenn man sich die Äußerungen des gescheiterten SPD-Kanzlerkandidaten Martin Schulz anschaut. Der, so Orbán schon vor der Wahl, habe Ungarn beleidigt.
Wie bereits im Vorfeld berichten die ungarischen Medien auch im Nachgang der Wahl relativ nüchtern rein über die von den Parteien erreichten Ergebnisse und die nun mögliche(n) Koalition(en). Dies betrifft auch die AfD, der in den deutschen Medien oft eine gesonderte Beschreibung zukommt.
Der Politologe Zoltán Kiszelly analysierte im ungarischen Fernsehen, dass der Wahlausgang die Angst der Deutschen vor einem „Abrutschen“ zeige. Der AfD und auch der FDP kamen zugute, dass das Lebensniveau und das Durchschnittseinkommen in den letzten Jahren gesunken seien. Hinsichtlich der SPD äußerte der Wissenschaftler, die Niederlage zeige, dass traditionell linksgerichtete Parteien bei einer neoliberalen Wirtschaftspolitik nicht mehr funktionieren. Neben multinationalen Konzernen und Banken aufgestellt haben diese Parteien ihre Stammwählerschaft, die untere Mittelschicht, die Rentner und Arbeiter, „verraten“.
Nach Ansicht von László Kiss, Dozent an der Budapester Corvinus-Universität, ist der Rechtsruck vor allem auf die Flüchtlingspolitik von Angela Merkel zurückzuführen. Dieses Thema habe die AfD aufgegriffen und sich damit außerhalb der Konsenskultur der alten Bundesrepublik und des wiedervereinigten Deutschlands gestellt.
von Stefan Höhm (sh)