Liget Budapest: Neueröffnung des Ethnografischen Museums am Stadtwäldchen

©LIGET BUDAPEST/Palkó György

Am 23. Mai wurde das Ethnografische Museum in Budapest feierlich neueröffnet und heißt seine Besucher mit seinen spektakulären Ausstellungen willkommen. Das von Marcel Ferencz (NAPUR Architect) entworfene Gebäude ist der erste Bau, dessen Konzept auf die Bedürfnisse eines ethnografischen Museums zugeschnitten ist. Im Stadtwäldchen befindet sich heute an der Stelle des ehemaligen Felvonulási-Platzes eines der modernsten Museumsgebäude Europas. Auf einer dreimal größeren Fläche als am bisherigen Standort am Kossuth-Platz wird auf nun 7.000 Quadratmetern eine Sammlung von einzigartiger Vielfalt gezeigt. Das Gebäudedesign, das an die Form einer Halfpipe erinnert, zeichnet sich zudem durch seine außergewöhnliche Fassadendekoration aus. Etwa 60 Prozent der Ausstellungsfläche befindet sich zudem unter der Erde.

“Die Eröffnung des neuen Gebäudes des Museums für Völkerkunde ist nicht nur ein Meilenstein in der Geschichte der Sammlung, sondern auch eine wichtige Etappe in der Realisierung des Liget Budapest-Projekts, dem derzeit größten städtischen Kulturentwicklungsprojekt Europas. (…) Nach der kürzlich erfolgten Eröffnung des Hauses der Musik und des neuen Gebäudes des Museums für Völkerkunde ist in Kürze die Realisierung der Neuen Nationalgalerie geplant”, sagte László Baán, der Ministerialbeauftragte des Projekts.     

Der Umzug des Museums in das Stadtwäldchen stellt die wohl größte Veränderung in der Geschichte der ethnografischen Sammlung dar. Die 250.000 Exponate aus dem Karpatenbecken und aus allen Teilen der Welt sind seit der Gründung der Einrichtung im Jahr 1872 mehrfach umgezogen, waren aber bisher nicht in einem speziell für ihre Bedürfnisse konzipierten Gebäude untergebracht. “Als Ergebnis der konsequenten Sammlungs- und Aufbereitungsarbeit gehört das Budapester Museum für Völkerkunde heute mit seinem neuen Gebäude und seiner Sammlung zu den bedeutendsten ethnografischen Museen der Region und kann endlich an einem Ort arbeiten, der seinem Wert gerecht wird”, so Lajos Kemecsi, der Direktor des Museums für Völkerkunde.  

Design und Highlights des neuen Gebäudes

Hinter dem ikonischen Design des Gebäudes verbergen sich einige besondere technische Lösungen: Die gewölbten Flügel werden von einer vorgespannten Struktur getragen, die im Brückenbau verwendet werden. Ein weiteres Merkmal ist der gläserne Vorhang, der den begrünten Dachgarten auf den beiden nach oben gewölbten Flügeln umgibt. Dieses Element ist mit einem Metallgitter überzogen. Es zeigt ethnografische Motive aus den ungarischen und internationalen Sammlungen des Museums. Rund eine halbe Million Pixel wurde durch einen Spezialroboter in die lasergeschnittenen Aluminiumgitter gefräst. Die Pixel sind so zusammengesetzt, dass sie 20 ungarische und 20 internationale ethnografische Motive völlig neu adaptieren.  

Ein weiteres auffälliges Merkmal des Gebäudes ist der Dachgarten, der als Erweiterung der Grünfläche des Stadtwäldchens dienen soll. Hier wurden etwa 1.500 blühende und zwiebelartige Stauden, sieben Laubgehölze, rund 100 immergrüne Pflanzen und etwa 700 Ziergräser gepflanzt. Auf dem gewölbten Dach sind insgesamt 7.300 Quadratmeter Parkfläche entstanden, von dem sich ein Panorama über das Stadtwäldchen und die Hauptstadt eröffnet.   

Sonderausstellungen zur Eröffnung

Die erste temporäre Ausstellung “We Have Arrived” zeigt einen Querschnitt durch die gesamte Sammlung. Der Titel ist eine Anspielung auf die erfolgreiche Gegenwart des Museums: nach 150 Jahren befindet sich das Museum erneut im Stadtwäldchen, an dem Ort, an dem 1872 die Sammlung zum ersten Mal der Öffentlichkeit vorgestellt wurde.

Die zweite Ausstellung, „ZOOM”, ist interaktiv konzipiert und zeigt die Museumssammlung aus völlig neuen Perspektiven. Auf spielerische Weise v. a. durch das Heranzoomen sind immer neue Perspektiven des einzelnen Ausstellungsstückes erlebbar. Neben den 700 Objekten, die hier in spannender und neuer Form die Vielfalt des Völkerkundemuseums demonstrieren, können die Besucher das Szekler-Tor aus dem Jahr 1673 und eines der größten Objekte der Sammlung, ein aus einem einzigen Baumstamm geschnitztes, sieben Meter langes Boot, aus einem neuen Blickwinkel betrachten.

Erkundeswert ist auch der Keramikraum mit rund 4.000 Stücken, die entlang der Haupttreppe des Gebäudes ausgestellt sind und während der Öffnungszeiten kostenlos besichtigt werden können. Die Ausstellung besteht aus zwei Teilen und bietet einen Einblick in die reichen ungarischen und internationalen Sammlungen des Museums. Die beiden „Hemisphären“ des Keramikraums sind der Funktionsweise des menschlichen Gehirns nachempfunden. Die linke Gehirnhälfte interpretiert, organisiert und ordnet die Keramik der Welt nach Kontinenten, Mustern und Zentren der Töpferei, während die rechte Gehirnhälfte Keramik eher sinnlich erkunden und in einer losen Kette von Assoziationen ordnen möchte. Jedes Stück Keramik wird so zu einer Welt für sich: ob Stil, Material, Dekor, Volumen oder Inschrift – es sind Details, die viel darüber verraten, wie Ton Mensch und Gesellschaft mit Kultur und Tradition miteinander verbindet.

©LIGET BUDAPEST/Palkó György