Der Internationale Weltfrauentag am 8. März wird auch in Ungarn gefeiert. Wer das das erste Mal im Magyarenland erlebt, wird denken „sehr groß“. Es ist nicht nur üblich und quasi selbstverständlich, dass die Männer ihren Frauen aus gegebenem Anlass etwas schenken – neben an diesem Tag freilich völlig überteuerten Blumen gehört meist Schokolade zum Standardrepetoire. Auch am Arbeitsplatz wird die holde Weiblichkeit überschwänglich gefeiert – die Geschenke sind hierbei ähnlich – und auch in den Fußgängerzonen werden Frauen beschenkt. Zumeist mit Rosen und Schokolade.
Geschäfte und Lokale springen ebenso auf den „Frauentagszug“ auf, die Chippendels machen in diesen Tagen vermutlich die Hälfte ihres Jahresumsatzes, und in kaum einer Werbezeitschrift fehlt der Hinweis auf den „Nőnap“. Gehen Sie einfach mal mit offenen Augen durch eine ungarische Stadt. Sie werden staunen!
Wer einen „Nőnap“ in Ungarn bewusst erlebt hat, wird sich fragen, warum dieser Tag mit so viel Tamtam begangen wird. Der Grund dürfte nicht darin zu finden sein, dass er erste Internationale Weltfrauentag am 8. März 1911 (auch) in Österreich-Ungarn begangen wurde. Denn das war auch in Deutschland der Fall, wo dieser Tag heute insgesamt weniger präsent ist.
Das war freilich nicht immer so. In der DDR nämlich, wo man sich die Gleichberechtigung groß auf die Fahnen geschrieben hatte, gab es ähnliche, fast euphorische Feierlichkeiten. Die Frauen standen an diesem Tag im Mittelpunkt. Und an den anderen 364 Tagen im Jahr? Da waren sie zumeist billige Arbeitskräfte auf schlecht(er) bezahlten Stellen. Ein wenig wird man in Ungarn bis heute daran erinnert.
Vielleicht kann man es auch so formulieren: je größer die Symbolik des Frauentags bemüht wird, umso mehr liegt oft tatsächlich im Argen. Man kann dazu mal Frauen in Russland, der Ukraine oder Weißrussland befragen. Zeit haben sie dort am 8. März, es ist ein gesetzlicher Feiertag.
Anstatt über Blumen und Schokolade würden sich ungarische Frauen vermutlich mehr über Erleichterungen im Alltag freuen. Teilzeitarbeit ist in Ungarn quasi immer noch unbekannt, selbst bei den oft umgarnten Multis, die das an ihren deutschen Standorten schon lange anbieten und gute Erfahrungen damit gemacht haben. Die Kinderbetreuung ist in Ungarn zwar meist vorbildlich ausgebaut, aber die meisten Einrichtungen machen um 16 oder 16.30 Uhr zu – die sich daraus ergebenden organisatorischen Probleme müssen meist Frauen lösen.
In der ungarischen Gesellschaft hat sich freilich schon einiges gewandelt. Früher war es noch üblich, dass die Ehefrau den kompletten Namen ihres Mannes inklusive Vornamen übernahm, sie verlor zumindest auf dem Papier ihre eigene namentliche Identität und ging fortan als „Frau von…“ durchs Leben. Junge Ungarinnen lassen sich das nicht mehr gefallen. Zum Glück, möchte man(n) da meinen. Auch sehen junge Frauen den „feierlichen“ Umgang zunehmend kritischer. Der Weg scheint freilich noch ein sehr langer zu sein.