Stefan Höhm (sh): Der Führerschein in den Mühlen der Bürokratie…
Viele Wege führen bekanntlich nach Rom – und zunächst dachten wir, ebenso viele führen möglicherweise zu einem ungarischen Führerschein, denn nicht nur von der deutschen Botschaft gab es widersprüchliche Aussagen, auch ein und dasselbe Okmányiroda reagierte auf unsere Umstellungsanträge vollkommen unterschiedlich.
Licht ins Dunkel gebracht
Unsere Recherchen zeigen nunmehr aber ganz klar, dass jeder – also auch bereits befristete – ausländische Führerschein in einen ungarischen umzutauschen ist. Die Frist hierfür beträgt 6 Monate, nachdem ausschließlich in Ungarn ein Wohnsitz begründet wurde. Stellt sich für den Ausländer nur noch die Frage, was für einen Führerschein er hat und was der jeweilige Beamte damit anfangen kann. Oft wird es nämlich so sein, dass der jeweilige Sachbearbeiter noch nie einen entsprechenden Umtauschvorgang auf dem Tisch hatte und ziemlich schnell seinen Chef – und oft nicht nur den – herbeiruft und die Staatsdiener dann kollektiv nach einer Lösung suchen. Man fühlt sich ein wenig an Asterix erinnert, der sich einst – auch auf dem Weg nach Rom – den Passierschein A38 besorgen sollte. Auf jeden Fall sollte man viel Zeit mitbringen, denn unter eine Stunde kommt man selten aus dem Amt – ohne Wartezeit gerechnet!
Der schnellste Weg: EU-Führerschein
Am einfachsten haben es die Umtauschpflichtigen, die bereits einen deutschen EU-Führerschein im Scheckkartenformat haben. Dieser Fall wird von den ungarischen Behörden so behandelt, als ob man ein alten ungarischen in einen neuen Führerschein umtauschen möchte. Hierzu wird nur eine ärztliche Bestätigung der Fahrtauglichkeit benötigt, die jeder Arzt ausstellen kann. Blutdruck, Sehvermögen und EKG werden überprüft, der Kostenpunkt liegt bei 7.000-7.500 Ft. Schon hierbei muss man sich entscheiden, welche Fahrzeugklassen der ungarische Führerschein haben soll. Wer z.B. als Soldat einen LKW-Führerschein erlangte, kann sich die Klassen BCE natürlich auch in Ungarn geben lassen, aber dann ist die ärztliche Untersuchung umfassender, teurer und unabhängig vom Alter bereits nach 5 Jahren zu wiederholen. Normale PKW-Führerscheine werden für jeweils 10 Jahre ausgestellt, wobei die Frist seit dem 1.1.2017 bereits am letzten Geburtstag anfängt zu laufen. Man sollte den Prozess also kurz nach seinem Ehrentag anstoßen und kann mit diesem noch nicht weit verbreiteten Wissen auch bei Ungarn für die tiefen Kenntnisse über bürokratische Vorschriften Anerkennung erlangen.
Gegen die Zahlung von 4.000 Ft kann man dann die Ausstellung eines ungarischen Führerscheins direkt beantragen, wobei im Amt selber das entsprechende Lichtbild angefertigt wird. Nach ca. 2 Wochen soll die begehrte Karte dann abgeholt werden können.
Komplizierter(er) Fall: der „rosa Lappen“
Komplizierter – auch für die Beamten – wird der Fall aber, wenn der Antragsteller mit einem alten „rosa Lappen“ in der Amtsstube auftaucht, denn die alten deutschen Führerscheinklassen sind nicht mit den heutigen der EU harmonisiert. Solche Anträge mit Nicht-EU-Führerscheinen werden zwar von den jeweiligen örtlichen Behörden angenommen. Die Entscheidungen laufen aber alle über Budapest, da es in der Vergangenheit immer wieder Betrugsversuche vor allem mit Führerscheinen aus dem arabischen Raum gab, so dass man sich zum Schutz für ein zentrales Bearbeitungszentrum entschieden hat. Das ist mehr als verständlich, denn allein in der EU sowie Norwegen, Liechtenstein und Island gibt es ca. 110 (!) verschiedene Führerscheinmodelle. Das örtliche Okmányiroda meldet den Vorgang also nach Budapest, von wo man mit dem Kraftfahrbundesamt in Flensburg Kontakt aufnimmt, welches sich dann die entsprechenden Unterlagen von der ursprünglich ausstellenden lokalen deutschen Behörde besorgt. Und dann geht das Papier auf dem eben beschriebenen Weg zurück. Zum Glück geschieht das innerhalb der EU alles elektronisch und ist für den Antragsteller nicht mit zusätzlichen Kosten, insbesondere solche für Übersetzungen, verbunden. Bei uns lagen die deutschen Unterlagen bereits nach 14 Arbeitstagen vor, was wir angesichts des langen Weges für sehr schnell halten.
Mit diesen Unterlagen weiß nun der ungarische Beamte, welche EU-Führerscheinklassen der Ausländer tatsächlich hat und das Verfahren läuft ab dort so, als wenn man einen EU-Führerschein umtauschen möchte. Mit einem kleinen Unterschied: die eigene Führerscheinakte bei den ungarischen Behörden hat dann schon einen beachtlichen Umfang erlangt, was bei uns in einem Fall von dem Sachbearbeiter mit einem ironischen „Magyarország – papírország” kommentiert wurde. Erleichtert wie wir – ein Licht am Ende des Tunnels ist nämlich endlich zu sehen.
Führerschein Teil 1
Achtung! DAS müssen in Ungarn lebende Deutsche über den Führerschein wissen!
Führerschein Teil 2
Deutscher Führerschein in Ungarn – Behördenwahn und weiterhin viele Fragezeichen