Wenn in Ungarn ein Feiertag auf einen Dienstag oder Donnerstag fällt, ist der sich darauf ergebende „Brückentag“ am Montag oder Freitag kein Arbeitstag, so wie jetzt am Freitag. Geschenkt wird den Arbeitnehmern freilich nichts, denn der Brückentag muss an einem Samstag „herausgearbeitet“ werden. Was für Ausländer gewöhnungsbedürftig ist, wird in Ungarn mittlerweile als selbstverständlich empfunden. Seit 1990 werden so superlange Wochenende kreiert – aber eben auch lange Wochen.
Vor 10 Jahren wurde dann in Gesetzesform gegossen, was längst Praxis war. Seitdem legt der zuständige Minister kraft Gesetzesauftrag die Samstage fest, an denen gearbeitet wird. Oder besser soll?
Was auf Papier per Verordnung schnell festgelegt wird, erweist sich nämlich in der Praxis oft als nicht ganz so einfach. Schließlich ist die Wirtschaft heute eine internationale, gerade die Arbeitnehmer bei multinationalen Unternehmen können an diesem Tag nicht mit dem Kollegen im Stammwerk oder irgendwelchen Lieferanten sprechen, schließlich sind die im Wochenende. Zudem befinden sich die Arbeitnehmer an diesem Samstag meist ohnehin im „Freitagsmodus“. Aber gelegentlich ist es ohnehin gut, wenn man sein E-Mail-Eingangsfach oder den Schreibtisch mal wieder richtig aufräumt. Ansonsten haben Schulungen und Teambildungsmaßnahmen gerade an diesem Tag Hochkonjunktur.
Auch die Schüler müssen an diesen Samstagen die Schulbank drücken, was ihnen wohl genauso wenig Spaß macht wie den leisten Lehrern. So handhaben es die Schulen an diesem Tag recht ungarisch: pro forma werden die Regeln eingehalten, de facto mogelt man sich irgendwie durch diesen Tag: im Unterricht werden Filme gesehen, viele Unterrichtsstunden sind ohnehin auf 30 Minuten verkürzt oder man macht gleich einen Wandertag. Als Außenstehender wird man daran erinnert, warum man den Ungarn nachsagt, als Letzte in einer Drehtür zu gehen und dennoch als Erste herauszukommen.
Eingeführt wurde diese Regelung übrigens aus Kostengründen. Die Anlaufkosten im produzierenden Gewerbe sind oft recht hoch, weshalb man Brückentage komplett arbeitsfrei halten wollte. Zudem sind die 4-Tages-Wochenende wichtig für die heimische Tourismusindustrie, denn gerade Wellnesshotels erfreuen sich dann über einen regelrechten Ansturm.
So handhaben es denn die meisten ungarischen Arbeitnehmer so, wie man das überall in Europa oft macht. An den betreffenden Samstag wird einfach ein Tag Urlaub genommen. 2018 minimiert sich so die Zahl der Urlaubstage so gleich um satte 6, auch der 21. April, 13. Oktober, 10. November, 1. Dezember und 15. Dezember sind Arbeitssamstage. 2021 dann das andere Extrem: an diesem Tag gibt es überhaupt keine Brückentage, was leider auch heißt, dass es keine superlangen Wochenende geben wird.