Stefan Höhm (sh): Zahlreiche Flüge nach und von Ungarn wurden und werden derzeit noch von Air Berlin durchgeführt. Die rotweissen Flieger gehörten und gehören damit auch zum Bild des Flughafens Budapest…Doch wielange noch?
Mit dem Insolvenzantrag von Air Berlin geht ein Stück deutsche Wirtschaftsgeschichte zu Ende. Die Geschichte der Fluggesellschaft endet somit tragisch, spannend ist sie aber dennoch.
Das beginnt schon bei der Gründung. Anders als der Name es vermuten lässt, wurde die Fluggesellschaft nämlich nicht in der deutschen Hauptstadt, sondern vom Piloten Kim Lundgren im US-Bundesstaat Oregon gegründet. Grund hierfür war, dass bis zur deutschen Wiedervereinigung nur Alliierte die viergeteilte Stadt anfliegen durften. 1979 gibt es den ersten Flug von Berlin nach Mallorca.
Mit der deutschen Einheit verliert Lundgren seine Sonderrechte, findet mit Joachim Hunold aber einen deutschen Mehrheitsgesellschafter. In den 90er Jahren beginnt der Stern von Air Berlin am Himmel zu leuchten: immer mehr Flugzeuge fliegen in rot-weiß, immer mehr Verbindungen werden bedient. 2003 ist die Fluggesellschaft gemessen an den Passagierzahlen bereits die zweitgrößte in Deutschland. 2004 steigen die Berliner dann bei der österreichischen Fluggesellschaft Niki ein.
Doch schon bald darauf beginnen die Probleme. Der für den 5. Mai 2006 anvisierte Börsengang wird kurzfristig abgeblasen, um dann eine Woche später doch noch durchgezogen zu werden. Statt der erhofften 860 Mio. € Gesamterlös werden aber „nur“ 510 Mio. € in die Kassen gespült. Das Geld reichte freilich dazu, um u.a. die angeschlagene LTU zu erwerben. Die Aktionäre dürfen sich genau ein Jahr nach dem Börsengang, als das Papier 12 € kostete, über Kurse jenseits der 20 € freuen.
Die Freude währte aber nur kurz. Schon 2008 wird das erste Sparprogramm ausgearbeitet. In den kommenden knapp 10 Jahren sollten zahlreiche weitere folgen, nur einmal können die Buchhalter in positives Konzernergebnis vermelden. Die 6,8 Millionen € Gewinn aus dem Jahr 2012 nehmen sich aber geradezu mickrig aus, wenn man die roten Zahlen im mittleren dreistelligen Bereich in den anderen Zeiträumen sieht. Joachim Hunold, Gründer und Chef der Airline, war da schon nicht mehr an Bord.
In diesem Jahrzehnt versuchten sich dann mehrere Geschäftsführer erfolglos, Air Berlin wieder auf Kurs zu bringen. Selbst als sich mit Etihad Airways ein finanziell kompetenter Partner findet, der ab Ende 2011 knapp 30% der Anteile hält, gibt es keine neuen Impulse, der Aktienkurs kam nicht mehr hoch und dümpelte weiter bei 2,50 €.
Bei den Passagieren war die Fluglinie Airberlin aber weiterhin beliebt. In Berlin-Tegel flog jeder 2. Gast mit der Airline, in Düsseldorf war es zuletzt immerhin jeder 3. Erst ab Herbst 2016 litten dann Service und Pünktlichkeit merklich unter den wirtschaftlichen Problemen. Stundenlanges Warten, fehlende Informationen und vollkommen überlastete Mitarbeiter – wer konnte, flog jetzt doch lieber mit zuverlässigeren Anbietern. Das war sozusagen der endgültige Genickbruch. Am 9. August verweigerte Mitgesellschafter Etihad eine Finanzpritze in Höhe von 50 Millionen €, 2 Tage später erklären die Araber, kein Geld mehr in Air Berlin zu pumpen. Am 15. August 2017 musste dann Insolvenz angemeldet werden.