Das Reiten ist seit Jahrhunderten ein fester Bestandteil der ungarischen Kultur und tief in der Geschichte des Landes verwurzelt. Heute ist Ungarn bekannt für seine erstklassigen Pferde, talentierten Reiter, abenteuerlichen Wanderwege und aufregenden Reitveranstaltungen, wie den Nationalen Galopp, der in wenigen Wochen über die Bühne geht, und die Hortobágy Reitertage im Herbst. Das Land ist mit markierten Reitwegen durchzogen, speziell die weiten Ebenen der Puszta lassen die Herzen von Reitern höherschlagen.
Eine stolze Reiter- und Pferdenation
Es waren die magyarischen Stämme, die im späten 9. Jahrhundert in das Karpatenbecken eindrangen und das Pferd schnell zu einem wesentlichen Bestandteil ihres täglichen Lebens machten. Bis zum 10. Jahrhundert hatten sich die magyarischen Krieger als eine der eindrucksvollsten Reiterarmeen Europas etabliert und eroberten mit ihrer überlegenen Reitkunst große Teile des Kontinents. Ihnen ist es auch zu verdanken, dass das Reiten zu einem festen Bestandteil der ungarischen Kultur wurde und die Pferdezucht sowie der Pferdesport bis heute eine bedeutende Rolle in der Gesellschaft spielen. Bereits im 18. und 19. Jahrhundert war Ungarn dafür bekannt, einige der besten Pferde Europas zu züchten, und auf der Pariser Weltausstellung im Jahr 1900 fanden die ungarischen Pferderassen – darunter Lipizzaner, Nonius und Shagya-Araber – große Anerkennung. Heute zählen ungarische Pferdesportler in fast allen Disziplinen zu den Besten der Welt. Weltberühmt ist auch die so genannte „Csikós Post“, auch „Puszta-Fünfer“ genannt. Dabei handelt es sich um die akrobatischen Reitkünste der ungarischen Cowboys, der „Csikós“, die mutig auf dem Rücken von zwei Pferden stehend und ein Gespann von weiteren drei oder mehr Pferden vor sich hertreiben.
Die Anfänge des Reittourismus in Ungarn reichen bis in die 1930er Jahre zurück. Damals entwickelte sich die Bugac-Puszta zu einem bedeutenden Standort für Reiturlaub, bevor auch der Hortobágy und der Kiskunság Nationalpark als Urlaubsparadies für passionierte Reiter entdeckt wurden. Heute findet sich in fast allen ungarischen Städten und Dörfern ein Reiterhof, für Besucher steht eine breite Palette an Unterkünften zur Wahl.
Von der Longierleine ab in die unberührte Natur Ungarns
Anfänger können ihre ersten Schritte auf dem Pferderücken unter Anleitung eines Reitlehrers mit Hilfe einer Longe machen. Das traditionelle Zentrum der Reitausbildung ist die Nationale Reithalle in Budapest, Kurse werden aber auch auf verschiedenen Reiterhöfen in anderen Städten angeboten. Generell sind Reitschulen und auch auf Reiter spezialisierte Unterkünfte sowohl für Anfänger als auch für Profis, die sich auf Streifzüge durch unberührte Landschaften freuen dürfen, bestens geeignet.
Ungarn verfügt über ein ausgedehntes Netz an Reitwegen, was das Land auch zu einem Paradies für mehrtägige Wanderritte macht. Speziell in Nordungarn, der Nördlichen Tiefebene und in Mittelungarn wurde in den letzten Jahren dank einer Investition von 1,5 Milliarden Forint die Infrastruktur für den Reittourismus ausgebaut. Heute stehen passionierten Reitern über 1 813 km Wege und 16 Reitwegstationen zur Verfügung, an weiteren 15 Standorten sind bereits Bauarbeiten im Gange.
Informationen über die genauen Wege erhalten Besucher bei den örtlichen Reitschulen und über die App Endomondo.
Einer der beliebtesten Reitwege führt durch die romantische Landschaft von Gerecse. Hier entdecken Reiter versteckte Orte, die mit keinem anderen Verkehrsmittel erreichbar sind, Ähnliche romantische und aufregende Pfade findet man auch in Pilis, Bükk, Hortobágy und im Balaton-Oberland.
Besucher, die bekannte ungarische Pferderassen kennenlernen möchten, sollten das Máta-Gestüt, das Nationale Reit- und Lehrgut in Mezőhegyes, das Nationale Reitgut in Bábolna oder das Lipica-Gestüt in Szilvásvárad besuchen.
Die Puszta: Heimat der Csikós und ihrer Pferde
Keine andere Region verkörpert so sehr die Seele Ungarns, wie die Puszta. Wer hat nicht die Bilder von Csikós, die stehend auf den Rücken von Pferden waghalsig durch unendlich scheinende Steppen reiten, von Hirten, die riesige Schaf- und Rinderherden hüten und von Ziehbrunnen, die einsam aus der Ebene ragen, im Kopf, wenn er an Ungarn denkt? Im Hortobágy Nationalpark, der größten zusammenhängenden Grasheide Europas, wechseln sich romantische Postkartenmotive im Minutentakt ab. Reiter entdecken diese auf dem Rücken eines Pferdes, weniger Wagemutige mit einer Pferdekutsche oder einem Jeep. Dabei begegnet man neben zahlreichen Vogelarten auch immer wieder den berühmten Przewalsky-Wildpferden und Auroch-Rindern. Ebenfalls ein hübscher Anblick ist der Hortobágy-Bach, über den die bekannte 167 Meter lange Neun-Bogen-Brücke führt. Einen Besuch wert ist das örtliche Gestüt Máta, das mit seinen 270 Pferden als eines der wichtigsten Pferdezuchtzentren Ungarns gilt. Im Besucherzentrum des Nationalparks Hortobágy wiederum erfährt man in einer interaktiven Ausstellung spannendes über die Tierwelt und die Naturschätze der Hortobágy Puszta.
Pferdeliebhaber sollten sich die Hortobágyer Reitertage, die auf ein halbes Jahrhundert Geschichte zurückblicken können und mit hundert Wettbewerben, einem Jahrmarkt, mehreren Konzerten und verschiedenen weiteren Rahmenprogramme begeistern, nicht entgehen lassen. In den vergangenen Jahrzehnten hat sich die Veranstaltung zur wichtigsten und international bekanntesten Veranstaltung der Region entwickelt, deren Hauptziel es ist, die Vergangenheit und Gegenwart der Hirtenkultur der Hortobágy-Region, die Arbeit des Gestüts Mátai in der Pferdezucht und die Sammlung der heute noch genutzten Kutschen zu fördern.
–> Im Herbst können die besten Reiter ihren Verein beim Nationalen Galopp vertreten, einem spektakulären Wettbewerb und Festival, das vom 1. September bis 1. Oktober zum ersten Mal in Szilvásvárad stattfindet.